2024 | 10 Auftakt

Martin Luther Kings Einschätzung gilt immer noch

Wenige Wochen vor seinem gewaltsamen Tod sprach Martin Luther King angesichts gewaltsamer Aufstände in den USA über eine bittere Erkenntnis[1]: Es gibt keine Gerechtigkeit, solange wir nicht die Gesellschaft grundlegend ändern; Rassenkonflikte, Armut, Unruhen sind einzig Ausdruck einer zutiefst ungerechten Gesellschaft.

Mehr als 50 Jahre sind seit Kings Vorträgen vergangen, die Ungerechtigkeit ist geblieben, die Krisen nehmen zu: Wir erleben, dass unsere Demokratien sich von innen in autokratische Regime wandeln, wir erleben Populismus und die Polarisierung unserer Gesellschaft. Wir leben in einer weltweiten ökologischen Krise, das Klima verändert sich dramatisch, beides hat massive Auswirkungen auf unser Leben und unsere Lebensgrundlagen. Bei alledem sind wir vor allem mit einem konfrontiert: mit unserer eigenen Unfähigkeit, zu handeln und die Gesellschaft zu verändern.

Martin Luther King zitierte Viktor Hugo: „Wenn die Seele in der Dunkelheit zurückgelassen wird, werden Sünden begangen. Der Schuldige ist nicht derjenige, der die Sünden begeht, sondern derjenige, der die Dunkelheit verursacht.“
Wir glauben gerne, dass derjenige, der die Dunkelheit verursacht, der Staat sei, die Politiker oder ein irgendwie geartetes System, dass uns steuern will. Doch es ist anders: Wir schaffen uns die Dunkelheit selbst. Wir haben diese Gesellschaft erschaffen und erschaffen sie jeden Tag aufs Neue. Ja, unsere Gesellschaft ist zutiefst ungerecht, und ja, jeden Tag aufs Neue halten wir diese Gesellschaft am Laufen. Wollen wir unsere Krisen wirklich überwinden, müssen wir das erkennen und klar sehen, welche Rolle wir, welche Rolle unser eigenes Bewusstsein dabei spielt.

Die Aufgabe bleibt: unsere Gesellschaft fundamental weiterzuentwickeln, hinzu einer wirklichen Demokratie; zu einer Gesellschaft, die es allen erlaubt, sich zu entfalten und ihr volles Potential zu entwickeln. Was es dazu braucht, was auf uns wartet, welchen Weg wir einschlagen sollten: darüber werde ich in den kommenden Wochen schreiben. Es ist eine spannende Zeit, eine spannende Aufgabe, es ist ein Geschenk, jetzt handeln zu dürfen. Ich freue mich auf diese Reise, lass sie uns gemeinsam machen.